Samstag, 1. Mai 2010

Toro, o Toro (Teil 2)

Angeregt durch das sehr schöne Erlebnis mit dem Numanthia 2006 (siehe auch den Blogeintrag Toro o Toro), bin ich natürlich auch neugierig auf die anderen Toro Weine der Ausnahmewinzerfamilie Eguren geworden.

Nachdem die Bodega Numanthia-Termes nur 10 Jahre bestand und mit dem Termanthia 2004 einen sensationellen Erfolg hatt (100 Parkerpunkte), hat der Luxuskonzern LVMH geschätzte 25 Millionen Euro gezahlt, um das Weingut zu übernehmen. Keine schlechte Rendite für die Winzerfamilie. Schnellere Gewinne gibt es ansonsten wohl nur in der spanischen Weihnachtslotterie El Gordo ("der Dicke"). Die Lotterie steht für unglaubliche Gewinnsummen (bis zu 1,8 Milliarden € werden in einer einzigen Ziehung ausgespielt). Es gab Jahre, in denen ganze Dörfer durch diese Lotterie über Nacht zu Millionären wurden. Ganz ohne mühevoll Weinberge zu pflegen, schweißtreibend Trauben in Handarbeit zu ernten oder ein außergewöhnliches Geschick für die Kellerarbeit zu beweisen.

Schon im Jahr 2007 brachte die neue Bodega Teso La Monja drei neue Spitzenweine auf den Markt: Den Almirez, den Victorino und den Alabaster. Spitze sind hier allerdings auch die Preise: Der Almirez wird für ca. 15 € gehandelt (und ist damit noch äußerst moderat). Der Victorino ist für ca. 35 € zu haben und das Flagschiff, der Alabaster, wird um die 130 € gehandelt. Nicht gerade Brot-und-Butterweine.

Aber, Neugierde siegt, und so gönne ich mir zur Probe heute noch einmal Toro o toro, quer durch die Weine der Familie Eguren. Dabei verzichte ich allerdings auf die beiden Spitzenweine der Bodegas und freue mich auf Almirez 2007, Victorino 2007 und zum Gegenvergleich noch einmal auf ein Glas Numanthia 2006.

Streng nach "Vorschrift" habe ich die Weine dann auch in der richtigen Reihenfolge probiert. Die richtige Reihenfolge ist natürlich ausgesprochen subjektiv, aber der Preis der Weine ist meist ein guter Indikator. Ich habe also mit dem Almirez begonnen. Der Wein ist jetzt schon trinkfertig, macht Spaß. Sehr elegante Tannine, eine gute Länge, harmonisch und vollmundig. Der Wein ist prima und bewegt sich in einem angenehmen Preissegment. Just diese Woche wurde der Wein von Robert Parker übrigens mit 91/100 Punkten bewertet. Was den Preis sicherlich nicht senken wird.

Da ich den Numanthia ja quasi noch auf der Zunge hatte, habe ich mich als zweites an den Victorino herangemacht. Schon der erste Eindruck war enorm: Eine flüchtige Nase von Eukalyptus. Eukalyptus in Rotwein? Ich konnte es selber kaum glauben, aber auch beim zweiten Schnüffeln hat sich dies bestätigt. Auch wenn dieser Duft sich nach einer kurzen Zeit verflüchtigt und dem Bouquet von dunklen, vollreifen Früchten weicht, ist die Nase so elegant, dass man immer wieder neu schnuppert. Und nimmt man dann den ersten Schluck, ist man überwältigt von der Finesse und Eleganz. Was für ein Erlebnis!  Im Vergleich zum Almirez mit mehr Struktur, mehr Länge, mehr Reife. Wirklich toll und hier wird die weitere Entwicklung dem Wein sehr gut tun. Paker hat auch diesen Wein bewertet und vergibt sehr gute 92+ Punkte.

Dann habe ich erneut den Numanthia 2006 probiert. Und mich mal wieder über mich selber gewundert. Ich habe, zur eigenen Sicherheit, noch eimal meine Degustation von vor einigen Wochen nachgelesen. Der Numanthia 2006 fällt in Länge und Eleganz nach meinem Empfinden gegenüber dem Victorino 2007 deutlich ab. Obwohl von Parker mit tollen 94+ Punkten bewertet (und damit am besten von allen drei Weinen), empfinde ich jetzt in dem direkten Vergleich den Numanthia 2006 als viel zu dicht, viel zu komplex. Und schenke mir bei dieser Erkenntnis auch direkt ein weiteres Glas des Victorino ein.

Ich habe dieses (verwirrende) Erlebnis häufiger. Dieselben Weine, die ich alleine oder mit anderen Weinen in der Querverkostung trinke, hinterlassen jeweils unterschiedliche Eindrücke. So scheint es, dass nicht nur die Kombination, sonder auch die Tagesform entscheidend für die Beurteilung ist. 

Für mich, der ursprünglich seine beruflichen Wurzeln in der EDV-Branche hat, ist dies ganz schön unbefriedigend. Bei Computern gibt es nur digitale Erlebnisse. Strom an, Strom aus: IF x, THEN y, ELSE z.
Software weiß, was zu tun ist. Bei der Verkostung von Wein scheint mir die Formel: IF x, THEN COULD BE y (DEPENDS ON YOU), BUT IT MIGHT BE abc AS WELL, es etwas genauer zu treffen. The bug is sitting in front of the glass!

Man darf nur hoffen, dass die Auguren, die durch ihre weltweit für Aufsehen erregenden Bewertungen (welche häufig über Wohl und Leid einer Bodega entscheiden), immer genau wissen, was sie tun!

Ich habe natürlich alle drei Flaschen getrunken, irgendwann dann kreuz und quer und mich selbstverständlich auch an allen drei Weinen sehr erfreut. Für diejenigen Leser, die jetzt Angst um meine Leberwerte bekommen (die sind tip-top): Ich habe die drei Flaschen  nicht  an einem Abend getrunken, sondern auf zwei Tage aufgeteilt.

Mein persönlicher Eindruck bleibt aber: Hätte ich im Restaurant die Wahl zwischen einem Victorino und einem Numanthia, ich würde mich vermutlich für den Victorino entscheiden. Es sei denn, ich plane ein deftiges kräftiges Essen, da würde der Numanthia vermutlich besser wegkommen. Und wie bei den meisten meiner Weinerlebnissen, werde ich irgendwann im nächsten Jahr die Weine nochmals gegeneinander trinken und meine Eindrücke überprüfen. Die sind ja seit kurzem zu meinem eigenen Vergnügen an dieser Stelle ganz einfach nachzulesen...

2 Kommentare:

  1. Ich denke Sie sollten bei der Verkostung jeweils die gleichen Jahrgänge verwenden...da nicht nur der Faktor Mensch bei der Bewertung einfluss hat, sondern viel mehr die Natur im jeweiligen Jahr. Ich selbst habe schon Numanthia 2006 gegen 2007 verkostet, und da wird besonders klar, dass der 2006er viel breiter und kräftiger ist. 2007 war wohl einfach ein eleganteres Jahr - übrigens Numanthia 2007 mit 94+ Parker Punkten.

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  2. Besten Dank für Ihr Feedback!

    Sie haben natürlich vollkommen Recht, das Jahr ist grundsätzlich sehr wichtig, auch bei einer Querverkostung. Aber erstaunlich finde ich, dass derselbe Jahrgang eines Weins bei zwei Gelegenheiten einen doch sehr unterschiedlichen Eindruck hinterlassen kann.

    Ich hatte letztens eine ähnliche Erfahrung mit Tinto Pesquera Reserva 2006. Beim ersten Mal habe ich diesen Wein als "Highlight" auf einer Weinprobe getrunken und fand ihn eckig, verschlossen und viel zu jung, eben kein Highlight und für mein Empfinden noch nicht trinkfertig.

    Und kaum 10 Tage später habe ich denselben Jahrgang desselben Weins bei anderen Gelegenheit getrunken und fand ihn prima. Immer noch zu jung, aber überzeugend und relativ konträr zu meinem ersten Eindruck.

    Wein ist und bleibt spannend!

    Viele Grüße
    Peter Figge

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