Mittwoch, 21. April 2010

La Rioja Alta Gran Reserva 904 von 1995

Abgespannt von einem ziemlich langen Arbeitstag und spontan angeregt durch eine kurze Unterhaltung mit einem sehr weinafinen Freund, habe ich eben einfach hinter mich gegriffen und in meinem Weinregal eine Flasche Wein für den sofortigen Genuss gesucht. Kein Klimaschrank, kein Gewölbekeller, kein Humidor, sondern einfach nur ein winziges Regal direkt hinter mir. Aber darin liegen ein paar sehr schöne Weine.

An einem so schlichten Dienstag wollte ich allerdings weder einen Tondonia 1961, noch einen Ygay 1978 oder welch' Wein dort sonst noch auf die kommenden Proben wartet, öffnen. Also habe ich mich nach kurzer Überlegung für meine einzige Flasche La Rioja Alta Gran Reserva 904 von 1995 entschieden und diesen entkorkt.


Für mich war es das erste Mal, dass ich diesen Wein probiere. Wie ich erneut feststellen muss: Es ist nie zu spät, eine Erfahrung zu machen, die ich rückblickend allerdings lieber schon viel früher gemacht hätte. Was ich alles schon versäumt haben muss. Ich habe aus derselben Bodega noch eine Flasche Rioja Alta Gran Reserva 890 von 1994, aber die ist erst bei einem der nächsten Male dran. Das wird spannend.

Ich gebe zu, ich bin eigentlich kein sonderlich großer Fan der Riojaweine. Vermutlich tue ich dem Gebiet damit unrecht. Sicherlich tue ich dem Gebiet damit vollkommen unrecht. Das mag bei mir aber zum einen damit zusammenhängen, dass in Deutschland dem durchschnittlichen Biertrinker und Spanientourist zu Spaniens Weinen nur drei Dinge einfallen: Rioja, Reserva und Gran Reserva (alles Gebiete) ;-). Ich kann mich einfach nicht davon freimachen: So etwas macht mich skeptisch. Und man fühlt sich dem Durschnittstouristen einfach überlegen, hat man schon etwas von Priorat, Montsant oder sogar Cigales gehört. Rioja? Kann doch jeder...

Ich habe in einem spanischen Restaurant hier in Düsseldorf auf der Weinkarte Weine aus Ribera del Duero, Toro und Jumilla gefunden, die in das Gebiet La Rioja einsortiert waren. Nur um dem unmündigen Kunden gerecht zu werden und die Weine besser verkaufen zu können. Meet your needs! Ich empfinde dies allerdings als Unverschämtheit und ebenso peinlich für das Restaurant, denn nicht jeder Weintrinker, der spanische Weine liebt und einigermaßen kundig ist, hat Verständnis für eine solche bewusste Irreführung. Zum anderen habe ich albtraumhafte Erinnerungen an pelzige, bittere und langweilige Weine aus La Rioja, die mich immer an die alte Zeit der lieblosen spanischen Weine erinnert. Und nur, weil ein Gebiet aus historischen Gründen weltweit das bekannteste Spaniens ist, muss es nicht das beste sein.

Jetzt aber zurück zu dem La Rioja Alta Gran Reserva 904: Begleitet von etwas Salchichón (spanischer Salami), ein paar Manzanillas rellenas con anchovis (eine spezielle, sehr leckere Olivensorte, gefüllt mit Sardellen) und Parmesankäse (natürlich original spanischem Parmesan) ;-), habe ich mich dem Wein genähert. Ich war trotz meiner Vorbehalte ziemlich neugierig und erwartungsvoll, berücksichtigt man, dass der Wein ca. 40-45 € im Einzelhandel kostet. Und das an so einem einfachen Dienstag. Ich sollte mir für solche Gelegenheiten und spontanen Gelüste mal wirklich etwas günstigeres hinter mich legen, ich habe ja schließlich mehr als genug Weine in meinem eigenen Sortiment.

Der erste Eindruck war zunächst ein wenig enttäuschend. Na klar, ein Riojawein, dachte ich. Im Glas von der Farbe her so "dünn" wie mancher Spätburgunder von der Ahr. Durch den Wein hindurch könnte man lesen, war mein erster Eindruck. Da waren sie wieder, meine Vorbehalte gegenüber Riojaweinen. Ganz frisch im Glas war die erste Empfindung in der Nase zunächst sehr zurückhaltend und blass. Nur im Mund war er bereits köstlich. Feine Tannine, keine Spur pelzig oder stumpf. Mit sehr schöner Länge.

Und nach nur einer kurzen Weile an der Luft entwickelten sich dann auch die Aromen. Im Bouquet fanden sich deutliche Tabak- und Ledernoten, der typische Toastgeruch des Barriques, alles ausgewogen und wunderbar. Keine Spur des marmeladigen und mit Beeren teilweise überfrachteten Geruchs, den man häufig bei anderen spanischen Weinen findet.

Ich habe dann öfter an dem Wein gerochen, als ihn zu trinken. Ok, ich habe ihn aber auch getrunken. Und zwar inzwischen die ganze Flasche. Mit jedoch relativ moderaten 12,5% Vol. Alkohol und meiner stattlichen Konstitution bleibe ich dabei sogar noch in der Lage, diesen kurzen Bericht zu schreiben. Und kurz soll er eigentlich auch sein, deswegen komme ich jetzt schon zum Ende. Mein Fazit: Tolle Nase, die zu immer wieder neuem Schnüffeln animiert hat. Ich liebe diesen Duft der eher herben Aromen. Feine Strukturen, vielschichtig im Mund, überhaupt nicht aufdringlich und mit minutenlangem Nachhall, in dem man immer wieder neue Dinge entdeckt, die dann zum nächsten Schluck verleiten. Und schwupps, ist die Flasche leer.

Der Wein war ein sehr schönes Erlebnis und hilft mir, meine, objektiv betrachtet, wenig substantiellen Ressentiments gegenüber der Rioja erneut zu überdenken. Ich freue mich bereits auf den nächsten Wein aus dieser Bodega. Dies dürfte dann der La Rioja Alta Gran Reserva 890 von 1994 sein. Denn der liegt ja schließlich ausgesprochen praktisch direkt in Griffnähe. Dafür werde ich mir aber dann, zur Feier dieses tollen Weins, einen Samstag aussuchen. Ich merke gerade, dass meine Ressentiments offensichtlich schon zu schwinden scheinen, möchte ich doch spontan den nächsten Rioja bereits feiern.

Es lebe die Rioja! Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich Fan bin?

Mittwoch, 7. April 2010

Ostern mit Dönnhoff und Gauß

Obwohl ich im Kopf ganz andere Pläne habe, über welche Themen ich eigentlich noch berichten möchte, kommt mir immer wieder etwas dazwischen. So auch während des letzten Osterfests. Erst habe ich mich, angeregt durch den Deutschlandfunk, ausgiebig mit der Gaußschen Osterformel beschäftigt. Und dann habe ich mich sehr intensiv mit dem Dönnhoff Norheimer Dellchen 2008 Großes Gewächs beschäftigt. War das ein Fest!


Im letztem Jahr (lieber spät als nie), bin ich großer Fan der Weine von Helmut Dönnhoff aus Oberhausen an der Nahe geworden. Ich habe mir einen kleinen Bestand Norheimer Dellchen und Hermannshöhle, beides Großes Gewächs, sichern können und an Ostern war ein Fläschchen Dellchen fällig. Um meine eigene Degustation kurz zusammenzufassen: Großartig! Einfach großartig!

Dönnhoff Weine sind auf den Punkt genau. Bei den Weinen stimmt einfach alles, angefangen beim Bouquet über die Ausgewogenheit von Säure, den mineralischen Noten, Terroir, Frucht, bis hin zu der von mir geliebten Länge eines Weines. Harmonisch vom ersten bis zum letzten Eindruck, ausgesprochen präzise. Auch der Preis stimmt, denn die Qualität ist einfach außergewöhnlich (und die verfügbaren Mengen sind stark limitiert).

Nun stehe ich ja nicht ganz alleine dar mit dieser Meinung. Der aktuelle Jahrgang Dellchen Riesling GG 2008 wurde von Robert Parker mit 93/100 Punkten bewertet. Eine Entwicklung wird für die nächsten sieben bis zehn Jahre prognostiziert und man darf darauf gespannt sein.

Was mich wieder zu Carl Friedrich Gauß zurückbringt. Denn ich wollte dann wissen, wann das nächste Mal wieder Ostern ist. Die Regel ist simpel: Ostern ist am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond, allerdings spätestens am 25. April. Der Frühlingsanfang ist auf den 21. März festgelegt, so dass Ostern also frühestens am 22. März sein kann. So wurde es einfach während des ersten Konzils von Nicäa 325 nach Christus festgelegt.

So weit, so einfach. Aber wann ist denn der erste Vollmond nach festgelegtem Frühlingsanfang? Der große Mathematiker Gauß hat das im Jahr 1800 ausgerechnet und seine eigene Formel nochmals 1816 korrigiert. Und das ganz ohne Excel. Die Berechnung ist kinderleicht:
;-)

Gauß setzt den gregorianischen Kalender für die Berechnung voraus, dann lautet die Formel:
a = Jahr modulo 19
b = Jahr modulo 4
c = Jahr modulo 7
k = Jahr div 100
p = (8k + 13) div 25
q = k div 4
d = (19a + X) modulo 30   X = (15 + k − p − q) modulo 30
e = (2b + 4c + 6d + Y) modulo 7   Y = (4 + k − q) modulo 7
Ostern = (22 + d + e)ter März (Der 32. März ist der 1. April, der 33. März der 2. April usw.),

wobei modulo bedeutet, dass man mit dem ganzzahligen Rest der Division weiterrechnet und bei div mit der Ganzzahl der Division ohne den Rest.

Für das Jahr 2011 ergibt d=28 und e=5. Daraus folgt, dass 22+28+5 = 55. März ist. Der 55. März entspricht dem 24. April und damit fällt der nächste Ostersonntag auf den 24. April 2011.

Und am 24. April 2011 gibt es dann (spätestens) wieder ein Fläschchen Dellchen. Ich freue mich jetzt schon darauf!

Wer das Ganze gerne selber nachrechnen möchte, dem hilft vielleicht die beigefügte Exceltabelle, mit der man die Formel nachvollziehen kann.

Viel Vergnügen beim Nachtrinken und -rechnen!